Kontaktabbruch – Claudia Haarmann

Kontaktabbruch – Cllaudia Haarmann

Kein Kontakt mehr mit der Mutter: Wenn sich Töchter zu diesem Schritt entscheiden, ist das oft das Ende eines langen, schmerzhaften Prozesses. Mütter erleben den „Kontaktabbruch“ wie eine Katastrophe, der sie hilflos und verzweifelt ausgeliefert sind. Für die Töchter dagegen ist es ein notwendiger Schritt, den sie eher als Befreiung empfinden. Immer häufiger vollziehen erwachsene Töchter diesen Schnitt – das berichtet Claudia Haarmann, Heilpraktikerin für Psychotherapie, aus ihrer täglichen Praxis.

Störungen in jeder zehnten Familie
Nach Haarmanns Angaben gibt es in jeder achten bis zehnten Familie ernsthafte Störungen. „Da in unserer Gesellschaft Autonomie und Integrität eine immer größere Bedeutung zukommt, hinterfragen erwachsene Kindern auch ihre Eltern kritisch und stellen Fragen: Was habe ich in meiner Familie erlebt? Wie ging man mit mir um? In meiner Praxis höre ich erschütternde Lebensberichte von Töchtern, die in einer Atmosphäre von Rohheit und Kälte aufgewachsen sind.“

Unbewusste Prägung
In jahrelanger therapeutischer Erfahrung sowohl mit verlassenen Müttern als auch mit „sich befreienden“ Töchtern kam sie zu der Erkenntnis, dass Eltern-Kind-Kommunikation oft von unbewusstem Verhalten dominiert wird. Gerade die Beziehung zwischen Mutter und Tochter ist nicht selten vom eigenen Verhältnis der Mutter zu ihrer Mutter geprägt. Unverständnis für die Bedürfnisse der Tochter, fehlende Anerkennung oder Probleme auf der körperlichen Ebene spielen vor allem in der Kriegskinder-Generation eine große Rolle – und werden in die nächsten Generationen hinein „vererbt“.

„Friedenspfeife rauchen“
Aber ein Kontaktabbruch muss nicht unwiderruflich sein, sagt Claudia Haarmann: „Wenn wir beginnen, mit der Mutter ‚die Friedenspfeife zu rauchen‘, beruhigt sich vieles in unserem Leben.“ Dass das nicht einfach ist, sei klar: Ein Kontaktabbruch geschieht schließlich nicht aus Spaß, so Haarmann: Er ist Ausdruck höchster Verzweiflung. Denn egal, was jemand mit seinen Eltern erlebt hat: „Kinder lieben ihre Eltern“, sagt Claudia Haarmann. Ein Kontaktabbruch stellt das ganze Familiensystem in Frage – und erst, wenn Bewusstsein darüber besteht, was in diesem Familiensystem geschehen ist, entwickelt sich ein Spielraum für Veränderungen, so Haarmann. „Nur das, was verstanden wurde, ist zu verändern.“

Autorin: Regina Völz

Redaktion: Lea Koch

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